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Danke, Merkel!

Danke, Merkel!

Danke, Merkel!“ wurde schnell zum geflügelten Satz. Erstmals von der rechten Szene verwendet, als ironisches Lob für die Aufnahme von Flüchtlingen im Jahre 2015, dankte Merkel bald jeder für alle vermeintlich schlechten Situationen. Derweil können wir Merkel tatsächlich dankbar sein, für das, was sie für Frauen in der Politik getan hat.

Als „Kohls Mädchen“ 2005 erstmals ins Amt der ersten Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland gewählt wurde, war nicht zu ahnen, dass sie Helmut Kohl in der Länge ihrer Amtszeit bald ablösen könnte (je nach Verlauf der Koalitionsverhandlungen, denn zur Amtszeitlänge zählt auch die geschäftsführende Tätigkeit als Bundeskanzlerin).

Merkel war Physikerin am Zentralinstitut für Physikalische Chemie in der DDR und wurde schließlich zur Wendezeit in der Politik tätig. Schon zur Bundestagswahl 1990 errang sie ein Bundestagsmandat – eine Blitzkarriere. 1991 nannte Kohl sie „Mein Mädchen“, was für eine Ministerin für Frauen und Jugend eigentlich alles anders als schmeichelnd klingt. Mit 36 übernahm sie dieses Amt und wurde bald Türöffnerin für viele Frauen in der Politik. So, wie auch die Aufstellung zur Kanzlerkandidatin von Annalena Baerbock für Bündnis 90/Die Grünen die Anzahl neuer weiblicher Parteimitglieder in die Höhe schnellen ließ. Es braucht immer erst eine mutige Frau, die geht, bevor andere Frauen laufen können.

Zur Bundestagswahl 2021 prognostizierten viele internationale Medien: Egal, wie die Wahl ausginge, Deutschland würde zwangsläufig die Rolle als wirtschaftlicher Taktgeber verlieren. Das bleibt noch abzuwarten, eine Begründung dafür liegt aber klar auf der Hand: Merkel wurde in diesem Jahr zum zehnten Mal in Folge zur mächtigsten Frau der Welt vom „Forbes“-Magazin gekürt. Sie musste viel stemmen, so viel wie selten zuvor. Flüchtlingskrise, Covid-19-Pandemie. Nicht immer hat sie richtig gehandelt – sie stimmte unter anderem gegen die Öffnung der „Ehe für alle“ 2017. Sie steht aber eben immer noch einer konservativen Partei vor, einer, die auch den Kampf gegen den Klimawandel nicht so vorantreibt wie andere. Es gilt vielen, vielen Menschen gerecht zu werden, und Merkel wagte mit allen ein Tänzchen auf dem Parkett der Weltbühne. Stets nüchtern, stets sachlich.

Und man mag kein Fan der Personalien ihres „Girls‘ Club“ sein, mit Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer – aber sie hatte einen und sie unterstützte damit Frauen in der Politik überaus. Etwas, das unter Männern Gang und Gäbe ist – und ein wichtiges Signal für Ladygangs sein sollte.

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Häufig wurde ihr vorgeworfen, unweiblich zu sein, mit ihrer Uniform aus geraden, unifarbenen Blazern. Kaum im Abendkleid für die Bayreuther Festspiele, wurde ihr dieser Look allerdings ebenso angekreidet. Ist das der Schlüssel, warum Annalena Baerbock so sexistisch angegangen wurde, nur, weil sie mit ihren High Heels sehr feminin wirkt? Eher nicht. Merkel und Baerbock sind zum einen zwei verschiedene Arten von Frauen – zum anderen war Merkels Wahlkampf stets ein anderer, einer vor Donald Trump.

Und doch folgte nach „Mädchen“ „Mutti“. Klar, welcher Bundeskanzler möchte gerne „Vati“ genannt werden? Dennoch ist der Kosename „Mutti“ nur logisch. Immerhin saß sie für uns eisern in all diesen Verhandlungen zu einheitlichen Corona-Regelungen, beispielsweise. Sie schien oftmals die Einzige zu sein, die verstanden hatte, wie sich dieser Virus überhaupt verbreitete. Die Gefühle zu einer Mutter sind stets dankbar, vielleicht mit dem größten Respekt überhaupt behaftet. Und darum sagen wir: Danke, Mutti!

von Simone Bauer

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